Unfallversicherung

    1. Welches Risiko wird durch die Unfallversicherung abgedeckt?

    Mit der Unfallversicherung soll das Risiko abgedeckt werden, dass eine bestimmte Person oder ein Personenkreis auf Grund eines Unfalles einen vorübergehenden oder dauerhaften Körperschaden erleidet.

    Die Unfallversicherung kann hierbei für eine bestimmte Person abgeschlossen werden oder beispielsweise als Insassenunfallversicherung eine bestimmte Personengruppe betreffen.

    Die üblichen Leistungsarten bei der Unfallversicherung sind Invaliditätsleistung, Übergangsleistung, Krankentagegeld, Krankenhaustagegeld, Genesungsgeld und Todesfallentschädigung, vgl. § 7 AUB 94.

    Die Unfallversicherung ist keine Schadensversicherung sondern eine Summenversicherung, weshalb es nicht erforderlich ist, dass bei der versicherten Person ein bestimmter finanzieller Schaden eingetreten ist.

     

    2. Die beliebtesten Streitfelder

    Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden

    Schon der Definition eines Unfalls nach ist es erforderlich, dass der Versicherte durch das Unfallereignis eine Gesundheitsschädigung erleidet. Es muss dementsprechend ein Verursachungszusammenhang (Kausalität) zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden bestehen.

    Für die Feststellung eines Zusammenhanges gelten juristische Maßstäbe, die durchaus enger oder weiter sein können, als dies vom unbefangenen Versicherten angenommen wird.

    Grundsätzlich ist es auch möglich, dass der Verursachungszusammenhang auf rein psychischer Ebene stattfindet, solange keine psychische Fehlverarbeitung vorliegt.

    Beispielsweise ist ein Unfall angenommen worden, wenn bei einem Fahrzeug ein Stein die Windschutzscheibe zerschlägt und erst einige Zeit später der Schock zu Übelkeit und letztlich zum Tode führt.

    Ein Unfall ist auch anzunehmen, sofern der Versicherte stürzt und lediglich eine kleine Verletzung erleidet. Die anschließend wegen beispielsweise einer Blutvergiftung erforderliche Amputation eines Beines ist dann im Rahmen der Invaliditätsleistungen zu berücksichtigen. Selbst wenn die Amputation in diesem Zusammenhang auf Grund eines leichten ärztlichen Kunstfehlers erforderliche würde, wäre eine Invaliditätsleistung zu erbringen.

    Erfahrungsgemäß beachten Versicherte häufig derartige Zusammenhänge nicht und kommen aus diesem Grunde nicht auf die Idee, ihnen zustehende Versicherungsleistungen geltend zu machen.

    Problematisch ist der Nachweis der Kausalität regelmäßig in den Fällen, in denen nicht klar ist, ob der Unfall selbst, oder eine Krankheit zu einer gewissen gesundheitlichen Folge geführt hat. Hierbei muss der Versicherte beweisen können, dass die Krankheit oder die gesundheitliche Folge durch den Unfall verursacht wurde. Dies kann häufig erst in einem gerichtlichen Verfahren und mit einem vom Gericht bestellten Sachverständigen festgestellt werden.

    Fristversäumung § 7 Abs. 1 AUB 94

    Die aus dem Unfall folgende Invalidität muss nach den gängigen Unfallversicherungsbedingungen innerhalb eines Jahres seit dem Unfall eingetreten sein und innerhalb von 15 Monaten seit dem Unfall schriftlich ärztlich festgestellt sein und geltendgemacht werden. Liegt auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, entfällt eine Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens wegen Invalidität des Versicherten.

    Bei dem Eintritt der Invalidität innerhalb eines Jahres seit dem Unfall handelt es sich um eine rein medizinischen Tatsache, die in den häufigsten Fällen in der Praxis vorliegen dürfte. Als ausgesprochen problematisch hat sich jedoch die Einhaltung der 15-monatigen Frist zur ärztlichen Feststellung erwiesen.

    Die Feststellung muss insbesondere Aussagen dazu enthalten, dass ein dauerhafter Gesundheitsschaden eingetreten ist und dass dieser durch den Unfall verursacht wurde. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die ärztlichen Feststellung so genau als möglich ist. Es reicht sicherlich nicht aus, wenn eine Invalidität oder ein Zusammenhang zum Unfall nur als möglich bezeichnet wird. So weit der Versicherte darauf Einfluss nehmen kann, sollte er für eine eindeutige Formulierung Sorge tragen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass die ärztlichen Feststellung dem Versicherungsunternehmen auch innerhalb der genannten Frist zugeschickt wird. In der Praxis hat es sich als hilfreich erwiesen, dem Arzt ganz bestimmte im Einzelfall formulierte Fragen vorzugeben, die dieser dann beantwortet. Hierdurch kann am ehesten Einfluss darauf genommen werden, welchen Inhalt die ärztlichen Feststellung hat.

    An die Geltendmachung der Invaliditätsleistungen werden keine hohen Anforderungen gestellt. Es ist lediglich erforderlich, dass der Versicherer erkennen kann, er werde wegen der Invaliditätsleistungen in Anspruch genommen. Zu beachten ist aber, dass die reine Meldung des Unfalls nicht ausreicht.

    Von besonderer praktischer Relevanz sind die Fälle, in denen die Fristen nicht eingehalten wurden. Regelmäßig erfolgt hier eine ablehnende Entscheidung des Versicherungsunternehmens ohne weiter darauf einzugehen, dass es zahlreiche Ausnahmefälle gibt, in denen sich Versicherungsunternehmen auf den Fristablauf nicht berufen können.

    Für die Beurteilung der Frage, ob sich das Versicherungsunternehmen auf den Fristablauf bei der ärztlichen Feststellung kann, ist regelmäßig das Verhalten des Versicherungsunternehmens im Einzelfall von besonderer Bedeutung. Dieses Verhalten wird daraufhin überprüft, ob es geeignet ist, bei dem Versicherten den Eindruck zu erwecken, der Fristablauf würde nicht geltend gemacht. In diesem Zusammenhang ist eine Vielzahl von Entscheidungen ergangen, die jeweils im Einzelfall herangezogen werden müssen.

    Ausgesprochen umstritten ist momentan die Frage, ob der Versicherer verpflichtet ist, den Versicherten auf die Fristen zur ärztlichen Feststellung und zur Geltendmachung der Invalidität hinzuweisen. Auch hier wird es auf eine Betrachtung des Einzelfalles ankommen, eine pauschalierende Betrachtung ist kaum möglich.

    Zusammenfassend kann jedoch festgestellt werden, dass nicht jede Versäumung von Fristen aus § 7 Abs. 1 AUB zu einer Leistungsfreiheit des Versicherungsunternehmens führt. Den Versicherten kann nur geraten werden, sich mit einer derartigen Leistungsablehnung nicht ungeprüft abzufinden.

    Bandscheibenschäden

    in den Fällen, in denen der Versicherte einen gesundheitlichen Schaden an seinen Bandscheiben auf einen erlittenen Unfall zurückführt, kommt es erfahrungsgemäß ausgesprochen häufig zu einem Rechtsstreit.

    Hintergrund ist die in fast allen Versicherungsbedingungen anzutreffende Regelung, wonach Schädigungen an Bandscheiben vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, vgl. § 2 Abs. 3 AUB 94. Versicherungsschutz besteht nur dann, wenn der Versicherte nachweisen kann, dass der Schaden an den Bandscheiben überwiegend auf einem Unfall beruht.

    Es hat sich in den letzten Jahren bei den Gerichten die Ansicht durchgesetzt, dass unfallbedingte Bandscheibenschäden im Regelfall nur vorliegen, wenn weitere erhebliche Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule festgestellt werden können. Der reine Sturz und die damit verbundene Stauchung der Wirbelsäule soll regelmäßig nicht zu einem Schaden an einer gesunden Bandscheibe führen. Sollte der Bandscheibenschaden aber darauf zurückzuführen sein, dass eine Vorschädigung existierte, würde dies ebenfalls zu Lasten des Versicherten gehen.

    Es bedarf bei Bandscheibenschäden einer genauen Auseinandersetzung mit den medizinischen Daten, insbesondere ist der Unfallablauf und die sonstige erlittene Verletzung von besonderer Bedeutung. Eine pauschaliert ausgesprochene Ablehnung mit dem Hinweis darauf, dass Schäden an Bandscheiben nicht unfallbedingt entstehen können, sollte der Versicherte nicht ohne genaue Prüfung akzeptieren.

    Freiwilligkeit

    In allen momentan verwendeten Versicherungsbedingungen ist niedergelegt, dass eine Leistungspflicht des Versicherers nur besteht, sofern unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung eintritt.

    In all den Fällen, in denen der Versicherte Handlungen von besonderer Gefährlichkeit vornimmt wird gerne argumentiert, dass dies die Freiwilligkeit ausschließe und dementsprechend keine Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bestehe.

    Tatsächlich sollte sich der Versicherte mit dieser Auskunft und einer ablehnenden Entscheidung des Versicherers auf Basis dieser Begründung nicht zufrieden geben. Zum einen wirkt für den Versicherten eine Fiktion, zum anderen sind in der Rechtsprechung zahlreiche Fälle zu finden, in denen auch bei ausgesprochen gefährlichen Situationen eine Unfreiwilligkeit angenommen wurde. Nicht alles was gefährlich ist, führt zu einer freiwilligen Gesundheitsschädigung.

    Von besonderer Brisanz sind in diesem Zusammenhang Fälle, in denen der Versicherte von einer ursprünglich geplanten Selbsttötung Abstand nimmt, aber eine erhebliche Gesundheitsschädigung erleidet. Hier bedarf es einer genauen Überprüfung des zeitlichen Ablaufes und des Vorstellungsbildes des Geschädigten.

    Bemessung der Leistungen

    Schwierigkeiten bei der Bemessung der von der Versicherung zu erbringenden Leistungen ergeben sich regelmäßig nicht im Bereich der Tagegelder oder der Todesfallleistungen. Hier sind vereinbarte Summen auszuzahlen, so dass kein Spielraum für unterschiedliche Ansichten bleibt.

    Anders ist dies jedoch im Bereich der Invaliditätsleistungen, hier hat sich in der Praxis erhebliches Konfliktpotenzial gezeigt.

    In allen momentan verwendeten Versicherungsbedingungen findet sich die so genannte Gliedertaxe. Alle Invaliditätserscheinungen (Verlust oder Funktionsverlust von Organen und Gliedern), die in der Gliedertaxe zu finden sind, werden ausschließlich nach dieser abgewickelt. Andere körperliche Beeinträchtigungen, die in der Gliedertaxe nicht enthalten sind, werden danach entschädigt, inwieweit die übliche körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit hierdurch eingeschränkt wird.

    Die Berechnung nach der Gliedertaxe ist gerade bei mehreren vorliegenden Beeinträchtigungen schwierig. Es stellt sich regelmäßig die Frage, wie hoch bei einer teilweisen Invalidität der Bruchteil des Funktionsverlustes anzunehmen ist. Hierbei ist es ausgesprochen sinnvoll, die vom Versicherungsunternehmen ermittelten Werte mit dem eigenen behandelnden Arzt durchzusprechen, um Unstimmigkeiten zu erkennen.

    Gerade im Bereich der Unfallversicherung sollten Versicherte genau überprüfen, welche Bedingungen dem eigenen Vertrag zugrunde liegen. Es existieren vereinzelt Versicherungsbedingungen, wonach Invaliditätsleistungen nur erbracht werden müssen bei vollständiger Invalidität bzw. vollständigem Verlust von Gliedern oder Organen. Jede teilweise Invalidität scheidet dann aus. Die Versicherten müssen sich hierbei vor Augen führen, dass nur ausgesprochen selten der Fall vollständiger Invalidität oder vollständigen Verlustes eines Gliedes eintritt. Es bedarf hier der sofortigen Überlegung, ob derartiger Versicherungsschutz das Risiko trifft, welches der Versicherte abdecken möchte.

    Die Berechnung der Invaliditätsleistungen ist gerade bei mehreren erlittenen Verletzungen relativ komplex. Unterschiedliche Rechenwege führen hier unweigerlich zu erheblichen Leistungsdifferenzen. Gerade bei vereinbarter Progression und der Vornahme von Abzügen wegen Vorschädigung hat es in der Vergangenheit große Unterschiede gegeben, die immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Verfahren waren. Kompliziertere Berechnungen sollten Versicherte deshalb überprüfen lassen.

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